Seeamt zu Hamburg

In seeamtlichen Untersuchungssachen betreffend

Ein Collision

des Belgischen Dampfers "La Flandre"

 mit dem deutschen Dreimastschooner "Emilie Hessenmüller"

Regel

     Der Zusammenstoß des Dreimastschooners " Emilie Hessenmüller " mit dem belgischen Dampfer "La Flandre " im englischer Canal, in Folge dessen ersteres Schiff unterging, ist dadurch herbeigefürht, daß der Dampfer dem Segelschiff nicht rechtzeitig auswich. Die Behauptung die "Emilie Hessenmüller " habe ihr rothes Seitenlicht auf Steuerbordseite ausgesetzt, ist völlig unbegründet. Die Besatzung des Dreimastschooners trifft kein Verschulden.

Thatbestand

Der deutschen Dreimastschooner Emilie Hessenmüller gerieth am 19 ten September 1891 im englischen Canal mit dem belgischen Dampfer " La Flandre " in Collision und sank kurzer Zeit nachher. Die Mannschaft der " Emilie Hessenmüller " wurde von der " La Flandre " aufgenommen und in Plymouth gelandet.

I. Über diesen Zusammenstoß gibt die gerettete Mannschaft folgende Darstellung.

      Die "Emilie Hessenmüller ", Unterscheidungssignal RGDT, war in Hamburg beheimathet und hatte einen Nettoraumgehalt von 903,2 cbm = 318,83 brit. Reg.Tons. Das Schiff gehörte einer Partenrhederei, deren Correspondentrheder Franz Jacob Hubert in Buxtehude war. Das Schiff war im Jahre 1881 in Harburg unter Specialaufsicht des Bureau Veritas zu den höchsten Laufzeit von 16 Jahren gebaut und nach seiner Vollendung im November 1881 mit der Classe +3/3 L I.I. versichert. Diese Classe hatte das Schiff auch noch zur Zeit des Unfalls. Das Casco des Schiffes war zu M 48.000 versichert. Geführt wurde das Schiff von Schiffer Johan Jacob  WAHLEN , welcher im Besitz eines zu Stade im Jahre 1880 ausgestellten Befähigungszeugnises ist. Die Besatzung bestand einschließlich desselben aus 10 Mann  Die "Emilie Hessenmüller" war am 2 ten August 1891 mit einen Ladung Blauholz aus Laguna abgesegelt und nach Hamburg bestimmt. Die Reise verlief ohne besondere Vorfälle. Beim Einsegeln in den Canal am 17 ten September traf man nebeliges Wetter und gebrauchte das Nebelhorn, auch würde beständig gelothet. Am morgen des 19 ten September zwischen 12 und 2 Uhr war es etwas sichtiger gewesen, dann jedoch wieder sehr dick geworden, so daß man nur auf etwa 2-3 Schiffslängen voraus sehen konnte. Das Nebelhorn amerikanischer Construction, würde in kurze Zwischenräumen von einer halben bis einer Minute geblasen. Schon am Nachmittage des Vorgehenden Tages hatte Schiffer Wahlen die Fock aufgeien und den Royal festnehmen lassen, um nicht zu viel Fahrt bei dem unsichtigen Wetter zu machen.

Es standen das Vorstengestagsegel, Voroben- und Untermars- und Besansegel. Es wehte eine mäßige Brise aus W.z.S in einen Stärke von 2 - 3. Man steuerte O. 1/2 S und lag der Schooner soweit vor dem Winde. Schiffer WAHLEN schätzte sich ungefähr 20 - 25 Seemeilen S.O. von Start Point, dessen Feuer man aber während der Nacht nicht gesehen hatte. Seit 12 Uhr Nachts war WAHLEN an Deck. Gegen 3 Uhr erblickte derselbe anderthalb Strich an Steuerbord voraus ein helles Licht und gleich darauf auch in derselben Richtung  ein grünes Licht , ohne indes Nebelsignale eines Schiffes zu hören. Die  Entfernung  bis zu derselben schien etwa  2 - 3 Schiffslängen groß  zu sein. Schiffer WAHLEN stand auf der Steuerbordseite  an der Hinterkante der Kajüte in der Nähe des Ruders. An letzterem stand der Leichtmatrose HANSEN, auf Ausguck  Leichtmatrose ANDERSEN, mittschiffs auf Deck der Zimmermann DOOSE. Vom Ausguck würden jene Lichten ebenfalls  gemeldet und von sämtlichen an Deck befindlichen Leuten dieselben gleichfalls gesehen. Schiffer WAHLEN überzeugte sich auch, ob seine Steuerbordlaterne brannte und sah deutlich dessen grünes Licht. Gleich darauf erblickte WAHLEN auf den  herkommenden Schiffe den Schein eines  rothen Lichtes; im nächsten Augenblick traf denn ein anscheinend mit großer Geschwindigkeit herkommender Dampfer -  man sah dessen Bugwasser aufspritzen -  Die " Emilie Hessenmüller " eben hinter den  Besansmasten und schnitt ein stück des Schiffes bis zum Hintersteven gleich ab. Im nächsten Augenblick war jener Dampfer wieder im Nebel verschwunden. Schiffer WAHLEN ließ sofort die Pumpen  peilen und fand nun bereits 4 Fuß Wasser im Schiff. Nach einiger Zeit kehrte der Dampfer ganz langsam herankommend, an Backbordseite wieder aus den Nebel ge..., und rief WAHLEN auf desselben hinüber, man möge ein Boot senden, um die Mannschaft aufzunehmen. Es würde auch etwas vom Dampfer vereinbart, doch verstand man jene Worte nicht. Inzwischen hatte Schiffer WAHLEN das Besan- und Marsroyal herunternehmen lassen, auch war das kleine Boot an Bord des Schooners fertig gemacht worden. Da kein Boot des Dampfers erschien, sollte auch das große Boot zum Aussetzen hergerichtet werden, da aber eine ïberneulige Peilung der Pumpen bereits 6 Fuß Wasser im Schiff angab, glaubte Schiffer Wahlen, hiermit kein weitere Zeit verlieren  zu sollen, und bestieg mit der gesamten  Mannschaft das kleine boot, welches auf Backbordseite der Schooner zu Wasser gelassen war. Bei dieser Gelegenheit sehen die sämtlichen Insassen des Bootes deutlich die rothe Lichten des Schooners auf Backbord brennen. Die Emilie Hessenmüller" lag zur Zeit des Verlassens ungefähr Nord zu. Inzwischen war der Dampfer wieder im Nebel verschwunden; man hörte indes seine  Dampfpfeife. Als das Boot sich anschickte, dieser zu folgen, und an Steuerbordseite des Schooners vorbeifuhr, sehen die Insassen des Bootes die grüne Laterne ihres Schiffers auf Steuerbord hell brennen. Die " Emilie Hessenmüller "sank jetzt zusehends hinten und fiel, als das Boot kaum eine Schiffslänge entfernt war , auf die Seite und verschwand. Einige Zeit nachher gelang es der Besatzung des Schooners, den Dampfer aufzufinden und an Bord desselben zu kommen. Es war der Petroleumtankdampfer " La Flandre " aus Antwerpen. Auf die Nachricht hin, daß das Schiff gesunken, setzte der Dampfer seine Reise fort und landete die Besatzung der Schooner nachmittags in Plymouth.

      Der Schiffer des Dampfers war ein Deutscher Mannes  Schmuck. Auf die Frage des Schiffers WAHLEN, warum man ihm kein Boot zum Hilfe gesandt  habe, verminderte derselbe, daß es hierfür zu nebelig gewesen wäre, man daher hätte fürchten müssen , das Boot im Nebel zu verlieren. Im Verlauf des weiteren Gesprächs erklärte Schiffer Schmuck, daß der Dampfer mit voller Kraft gefahren  sei, weil man die Luft nicht für so nebelig gehalten habe, daß man dies nicht gedurft hätte . Zum Abgabe von Nebelsignalen  sei kein Veranlassung gewesen. Zur zeit der Collision hatte der zweite Steuermann die Wache auf den Dampfer; Schiffer SCHNUCK hatte sich um 2 Uhr ins Kartenhaus zurückgezogen, um dort einzuschlafen und erst in Folge der Collision an Deck gekommen. Der durch der Zusammenstoß abgeschnittene Teil des Hinterschiffes, ist am 23 ten September morgens 6 1/2 Seemeilen vom Leuchtturm der Cap de la Hague an der französischen Küste von der Dampfer " EBRE " der Messagerie Maritime angetroffen und untersucht worden. Der auf dem Wrackstück befindlichen Name "Emilie Hessenmüller " aus Hamburg führte zum Feststellung der Identität jenes Schiffsteils.

II. Die Besatzung der Dampfers "La Flandre" hat über der vorliegende Unfall in New York  zuerst eine Verklarung abgelegt, und sind auf Vorverlassung des Seeamtes alsdann  zum weiteren Aufklärung des Sachverhalts Schiffer Schmuck und die beide Steuerleute  der " La Flandre " als Zeugen in Antwerpen vernommen worden. Der die über jene Äußerungen der " La Flandre " Mannschaft zu den Akten gelangten Schiffsstücke in einzelnen wichtigen Punkten abweichende Darstellungen ergeben, empfiehlt es sich, diese getreut zu halten. Nach den Angaben der Verklarung  verließ der  Dampfer " La Flandre " am  15 ten September in Ballast mit der Bestimmung nach NEW YORK den Haven von Antwerpen. Der " La Flandre " ist in Antwerpen beheimathet, hat eine  Nettoeingehalt von 1458 brut. Reg. Tons und ist im Transport von Petroleum beschäftigt.

  Am 18 ten September morgens passierte der Dampfer Beachy Head bei ... und Regen. Abends 8 Uhr wurde es nebelig und würde je aus der Umstände mit der Maschine  manövriert. Um 11 Uhr Abends klärte die Lüft auf und ließ man die Maschine wieder mit vollen Dampf arbeiten. Die Lüft  immer bedeckt, aber gut fernsichtig; Die Küste war stets durch dichten Nebel verhüllt. Der Wind wehte seicht aus W.S.W.; Die See war  ... . Die Seitenlichten und das Topplicht brennten hell. Nachts hatte der zweite Offizier die Wache, Matrose Feldkamp stand am Ruder, Matrose Cosewijn auf Ausguck. Ungefähr um 2 Uhr 30 Minuten Morgens wurde ein Schiff voraus gemeldet, auf welchem keine Lichter brannten; man konnte deshalb die Lage nicht erkennen.

 Einige Zeit darauf sah man, daß jenes Schiff den Dampfer gerade entgegen lag, und der deshalb fortwährend näher kam, so gab man Backbord Ruder ; plötzlich erblickte man ein helles rothes Licht. Der " La Flandre " fiel nach Steuerbord ab, doch blieb das rothe Licht immer gerade voraus. Man erkannte jetzt, daß es ein weiß angestrichener  Dreimastschooner war, welcher fast zur vor den Dampfer mit seine Steuerbordseite auf des Dampfers Bug zu lag. Auf den Dampfer legte  man nun das Ruder Steuerbord und, als der Zusammenstoß unvermeidlich schien, wurde die Maschine auf voller Kraft rückwärts gestellt; kurz darauf erfolgte denn die Collision, da der Abstand der Schiffe nie zu geringen war . Der Dampfer traf das Schiff zwischen Besansmast und Heck. Die Maschine wurde gestoppt, und fragte Der Schiffer des " La Flandre " ob Hilfe verlangt wurde, vorauf vereinbart würde, man solle ein Boot schicken. Der Befehl hie+C287rzu würde auch gegeben. Der " La Flandre " lag damals West an, während der Schooner nördlich anlag mit noch beigesetzten Segeln, An dessen Streubordseite brennte noch dessen rothes Licht. Als  nun das Boot klar war, war es jedoch so nebelig, daß dies angerammte Schiff außer  Sicht gerieth, und sende man  deshalb das Boot  nicht ab. Der "La Flandre " lag nun östlich  an und führ langsam nach der Stelle, wo sich nach Vermutung  das Schiff befand .  Man ließ die Dampfpfeife erhören und zeigte Blaufeuer, doch kam nichts in Sicht. Einmal glaubt man ein Licht zu sehen, doch verschwand dasselbe sofort. Später kam Die Besatzung der Schooners an Bord und  meldete, daß ihr Schiff untergegangen sei. Der Dampfer fuhr denn nach Plymouth.

 Bei der gerichtlichen  Anhörung  erklärte der erste Steuermann Johan Jürgens, daß er erst aus seine Koje gekommen  sei, als die Maschine rückwärts arbeitete. Es sei ... dunkles Wetter gewesen, doch konnte man den Schooner noch auf eine Entfernung von einer halben englischen Meile sehen. Damit habe man überzeugt sehen können daß das rothe Licht auf Steuerbord des Schooners gebrannt habe, hat Jürgens nicht gesehen, da er , als er herauf kam, nur den hinteren Teil  des Schooners sehen konnte. Nach den Angaben des wachthabendes zweiten Steuermanns steuerte man W. 1/2 N. Die Deviation des Regelcompasses  auf dieser Kurs betrug eine Strich West. Der " La Flandre " führ mit einer Geschwindigkeit von 7 - 8 Seemeilen zur Stunde. Der Wind wehte steif und den Schiffe gerade entgegen. Nebelsignale würden nicht gegeben , da man nach Ansicht dieses Zeugen weiter sehen konnte, als wenn die Pfeife gehört haben würde. Ein gutes Feuer sah man auf drei Seemeilen Abstand. Von dem ersten Erblicken des Schooners bis zum Backbordrudergeben  an Bord des " La Flandre " sind 3 - 4 Minuten

verflogen. Man wich dem Schooner nicht sofort  aus, weil das Schiff keine Lichten zeigte und man an Bord des " La Flandre " nicht beurtheilen konnte, welchen Kurs der Schooner verfolgte. Als man zu erkennen vermochte, daß das rothe Licht an Steuerbord des Schooners  hing, ist der Kurs des " La Flandre "sofort geändert und die Maschine auf volle Kraft rückwärts gesetzt worden. Drauf hätte ein Zusammenstoß nicht platzgefunden, wann nur der Schooner, wozu er als Segler verpflichtet war, seinen Kurs beibehalten hätte; Der Schooner  wäre denn an Backbordseite passiert in drei bis vier Schiffslängen Entfernung. Daß das rothe Seitenlicht des Schooners auf dessen Steuerbordseite ausgesetzt  gewesen, sei nicht nur von der auf  wache befindliche Matrosen, sondern auch von den Schiffer sowie derjenigen  beobachtet, welche C352zuerst auf den Zusammenstoß auf deck gekommen seien. Beim Anbordkommen der Bezatzung des Schooners habe man von diesen Mißgriff deshalb nicht gesprochen, weil möglicherweise zwischen den beiden Schiffern  Streit entstanden sein würden. Schiffer SCHMUCK  erklärte, daß bei seinem Andeckkommen gute Fernsicht über Wasser geherrscht habe, so daß man die Lichten eines Schiffes wohl zwei bis drei Seemeilen weit habe sehen können. Schiffer SCHMUCK erklärt denn, daß der Steuermann ihm gemeldet,  daß zuerst kein Seitenlicht an Bord des Schooners sich befunden habe, und der Rudersman das rothe Licht habe aussetzen sehen. Auch vom Ausguck sei ein rothes Licht vorwärts gesehen. Die  ganze Besatzung habe überdies das rothe Licht gesehen, als der Schooner an dem Dampfer vorüberfuhr. An der Steuerbordseite des Schooners sei kein grünes Licht zu sehen gewesen. Auf die bestimmt gestellte Frage, ob es thatprüflich begründet sei , das das rothe Licht des Schooners auf dessen Steuerbordseite ausgesetzt war , gibt Schiffer SCHMUCK kein direkte Antwort.

III. Von den Fabrikanten der Positionslaternen der "Emilie Hessenmüller" würde den Seeamt eine neue  Seitenlaterne völlig gleicher Construction eingeliefert, und vergaben  die mit diesen  Laterne und entsprechende Laternenbrettern, einer solche auf der " Emilie  Hessenmüller " vorhanden gewesen , angestellten Versuchen, daß bei einen  unrichtigen aussetzen jenen Laterne das Licht jener  Laterne überall nicht nach voraus und in Folge der an den Laternenbrettern angebracht gewesenen Rückwand ebensowenig nach hinten zu scheinen vermag, sondern nur seitenwärts, um deshalb über gleichfalls nur in sehr beschränkten Masse querab vom Schiffe zu sehen war. Die Laternen  der "Emilie Hessenmüller" waren erst unmittelbar vor der  Abreise des Schiffes nach Laguna in Hamburg angeschafft worden in Folge der seitens der Seeberufsgenossenschaft erlassenen Vorschriften  über das Führen von geeigneten Seitenlaternen. Die Laternen wurden im Bezahnswant in  ein vorschriftsmäßigen Laternenbrettern geführt in einer Höhe von ungefähr 6 Fuß über den Halbdeck.    

 Gründe

Wie uns den mitgetheilten Thatbestand  ohne weiteres ansichtlich ist , stehen die seitens der Bezatzung des belgischen Schiffes aufgestellten Behauptungen über die Veranlassung und die Vorgänge bei der Collision derjenigen der Bezatzung der „Emilie Hessenmüller " zum Theil  so schroff und diametral entgegen, daß nothwendig die Angaben den einen Seite den Thatsachen nicht entsprechen können .

    Da eine Gegenüberstellung der Zeugen unausführbar war, wird an der Hand des vorliegendes Beweismaterials einfach zu prüfen sein, welche Angaben den Anspruch auf größere Glaubenswürdigkeit haben, und die läßt sich nicht erkennen, daß eine solche diejenige der Bezatzung  der " Emilie Hessenmüller "besitzen. Zuerst herrscht über die Sichtigkeit der Luft keine Übereinstimmung. Die Besatzung der " Emilie Hessenmüller " befurchtet, der Nebel sei so  intensiv gewesen, daß man nur 2 - 3 Schiffslängen habe voraus sehen können und der beständige Gebrauch der Nebelhorns erforderlich gewesen sei, daher denn auch der Dampfer plötzlich aufgetaucht wäre und seitens des Seglers keinerlei Maßregeln zum Abwendung der Collision ... hätten ...werden können, trotzdem sich die gesamte Mannschaft an Deck befand. Zu allen hierauf bezüglichen Einzelheiten stimmen die gemachten Angaben der Besatzung der " Emilie Hessenmüller " unter sich völlig überein. Nicht so die Angaben der Besatzung der La Flandre ". Der wachthabende zweite Steuermann dieses Schiffes gibt die Sichtweite der Lüft auf 3, Schiffer SCHMUCK auf  2 - 3, der erste Steuermann nur auf ein  halbe Seemeile zu. Noch der Verklarung  hat um Nebel über der englischen Küste geherrscht  Die Luft war sonst gut feuersichtig, demnach war es als man  unmittelbar auf der Collision das Boot zur Hilfe senden wollte, so nebelig, daß man Dieses zu verlieren fürchtete und dasselbe nicht absandte. Nur darin stimmt man an Bord des Dampfers überein daß das Nebelhorn nicht geblasen worden sei. Denkbar wäre es  ja, daß der Nebel plötzlich nach der Collision eingetreten und der Dampfer aus hellem Wetter in eine Art Nebelbank hineingerathen wäre. Davon ist aber in den Aussagen durchaus nicht die Rede. Dies würde auch ebenso wenig mit den Aussagen der Besatzung der " Emilie Hessenmüller " in Einklang zu bringen sein. Nach Ansicht des Seeamtes ist erheblichen Nebel zweifellos in der Luft gewesen, da hingestellt muß es bleiben, ein   ...   ...in Wirklichkeit zu jener Zeit hat sehen können. Jedenfalls ist die Angabe der Besatzung des " La Flandre " nicht zutreffend, daß man 2 - 3 Seemeilen Sichtweite hatte, und drum würde man ganz sicher nicht auf der " Emilie Hessenmüller " das Nebelhorn geblasen haben, nie thatprüflich feststeht. Weit eher wird die Anwendung dieses Signals unterbleiben, als bei sichtigen Wetter völlig unnötigen Weise von denselben gebrauch zu machen. Die Angaben der Bezatzung der " Emilie Hessenmüller " erweisen sich bezüglich des Nebels soweit in sich schon als die glaubwürdigeren.

Man kommt auf hinzu, daß man es thatprüflich so sichtig gesehen wäre, daß man die Umrisse des Seglers 3 - 4 Minuten vor der Collision gesehen hätte, um so einiger ein Grund dafür vorgelegen hätte, daß man jene Schiffe nicht ausgewichen wäre, weil selbst ohne das Sichten von Lichten schon die gewöhnliche Vorsicht es geboten hätte, der drohender Gefahr durch entsprechende Maßregeln zu begegnen. Als Dampfer mußte man den Segler unter allen Umstände ausweichen, man mußte also, nach dem man jene Umrisse des Seglers erkennt, entweder entsprechend Ruder geben, um auf die eine oder die andere Art auszuweichen, ohne man wußte, wenn dies nicht tunlich erschien, der in den Auftauchen des Dunkele Gegenstands liegende Gefahr durch Stoppen oder Rückwärtsarbeiten der Maschine begegnen. Ansichtig wäre es jedenfalls, während jener drei bis vier Minute bei der vollen Fahrt voraus zu bleiben und direkt auf jene voraus in Sicht gekommen dunkele Gegenstand loszusteuern. Darin läge unbedingt eine Verabsäumung der nöthigen Vorsicht, somit ein Verstoß gegen art. 24 der Internationalen Ausweichregelen. Nun hat man der unhaltbare Situation, welches in der behaupteten Sichtweite und den nicht rechtzeitigen Ausweichen des Dampfers liegt, an maßgebender Rolle auf Seiten des " La Flandre " offenbar erkannt und daher die Besatzungen eine angeblichen Kursänderung des Seglers und des falschen Aussetzens der Lichten an Bord der " Emilie Hessenmüller " aufgestellt, um überzeugt nur eine Erklärung für jene Unfall zu haben. Für jene beide Besatzungen fehlt es nur aber absolut an jeden sicheren Anhalt. Zuerst würden jene beiden Handlungen in der gegebenen Lage an sich schon etwas so absolut unseemännisches und verkehrtes enthalten, daß das Seeamt den Schiffer WAHLEN so etwas nicht zuzutrauen vermag. Aus der Erklärung des " La Flandre " will man den Segler zunächst gerade auf der  Dampfer haben zukommen und denn beim Erscheinen des rothen Lichtes haben grün von der Dampfer liegen sehen, darauf müsse der Segler von seinem gesteuerte Kurse vor dem Winde durch den Canal plötzlich quer abgedreht sein. Eine solche Handlung wäre völlig kopflos, da der Segler den Dampfer gegenüber in der günstigen Lage war, ruhig bei seinem Kurse verbleiben zu können. Zu solchen Lage müßte die Beschädigung des Schooners gleichfalls ein ganz andere gewesen sein. Die Schiffe würden sich drum ein in den Spitzen Winkel getroffen haben, ein solchen durch des spätere Ausfinden des abgeschnittenen Wrackstückes in Übereinstimmung mit den Angeben der Bezatzung der " Emilie Hessenmüller " als festgestellt zuzusehen ist. Ferner müßten ein unglaublichen Zustand an Bord der " Emilie Hessenmüller " geherrscht haben, wenn man die Seitenlichten verkehrt geführt oder solche bei den nebeligen Wetter in den belebten Canal erst bei den Annäherung des Dampfers gezeigt und denn auch verkehrt ausgesetzt hätte.

Jene Behauptung ist ein an sich schon so Abnorme, daß es schon eines sehr strickten Beweises bedürfte, um ein solche Behauptung glaubenswürdig erscheinen zu lassen, zumal gegenüber den im Einzelnen vor wie nach der Collision bezüglich des richtigen Brennens der Seitelaternen an Bord der " Emilie Hessenmüller " begnügten Umständen. Dafür ist aber den vorliegender Beweismaterials auf Seiten des " La Flandre " auch nicht ins Mindeste zu entnehmen, im Gegenteil, die Aussagen des Schiffers SCHMUCK, der erst nach der Collision überhaupt an Deck gekommen ist, lassen jene Angaben völlig unglaublich erscheinen, denn daß der Rudersman in der gegebene Lage das Aussetzen des rothen Lichtes auf Steuerbord sogar gesehen haben will, ist gar nicht denkbar. Bei dunkler Nacht sind solche Wahrnehmungen einfach nicht zu machen. Nun erweist sich das verkehrte Aussetzen des rothe Lichtes auf Steuerbord an sich schon, wie die von Seeamt angestellten Versuche ergeben, als unzutreffend, weil denn den Dampfer ein des Rothes Licht hell entgegen geschienen haben kann, wie seitens der " La Flandre " Mannschaft befurchtet worden ist, denn jenes rothe Licht ist bei dem verkehrten Aussetzen nur in sehe beschränkten Massen und nur quer zu sehen. Das Seeamt kann sich bei jene Aussagen der " La Flandre " Mannschaft nicht der Eindruck erwehren, daß dieselben geradezu wieder besseren Wissen gewünscht worden sind.

 Das ganze Verhalten des Schiffers sowie der Offiziere des " La Flandre " läßt erkennen, daß man den gegebenen Situation nicht die genügende Aufmerksamkeit geschenkt hat,  und daß man  hinterher des Verschulden man sich abzuwalzen sucht. Das Seeamt ist der Ansicht, daß die Darstellung der Besatzung der "Emilie Hessenmüller " über alle Vorgänge, während und nach der Collision richtig ist, dagegen nicht diejenige der " La Flandre " Mannschaft. Die Führung dieses letzteres Schiffes trifft der Vorwurf, bei dem stark  nebeligen Wetter vorschriftswidrig mit volle Kraft gefahren zu sein, ohne Nebelsignale zu geben. Bei dem Anblicken des Dreimastschooners gelang es deshalb weder das Schiff rechtzeitig außer Fahrt zu bringen noch mit denselben genügend auszuweichen. Nach dem Zusammenstoß verlor man den Schooner sofort wieder aus Sicht. Als man denn das Segelschiff aufsuchte, kann man an Backbordseite desselben heran und sichtete dessen rothes Licht. Dieses Sichten des rothen Lichtes ist denn von den wachthabenden Steuermann zugunsten des Dampfers für seine Darstellung benutzt worden.

     Der Dampfer " La Flandre " hat hiernach gegen Art. 12, 13, 17 und 18 der Internationalen Ausweichregelen verstoßen und trifft ihn allein die Schuld von den Unfall. Der Bezatzung der Emilie Hessenmüller ist keinerlei Schuld beizumessen.

S. Gohsler , J. von Holst,   L. Lorenzen,   A. Polack, G. Stooff

 

Für mit den Original gleichlautende Ausfertigung.

                 Potocollführer